Auszug aus: "Familienbande"

Doch plötzlich wusste ich, dass ich zurück musste. Es war nicht nur Angst um mein Leben, nein, das natürlich auch, aber vielmehr spürte ich ganz plötzlich das Gefühl, für andere Menschen verantwortlich zu sein. Familie! Ich hatte Familie; eine Tochter, die mich über alles liebte und zu Hause auf mich wartete, während ich mich in höchster Lebensgefahr befand, weil ich meinem Bruder einen Gefallen tun wollte. Nein, es musste Schluss damit sein; bis hier und nicht weiter. Meine Brüder waren wichtig, meine Familie war mir immer wichtig gewesen, aber ich hatte nun auch eine eigene kleine Familie. Es war nicht wie früher, ich war nicht nur für mich allein verantwortlich; ich konnte mein Leben nicht mehr leichtfertig aufs Spiel setzen, wegen einer verhältnismäßigen Kleinigkeit, denn es war nicht mehr nur mein Leben. Meine Frau und mein Kind brauchten dieses Leben, sie hatten auch Anspruch darauf.
Zurück! Ich warf einen letzten Blick in das Schwarz der Höhle, danach würde ich umkehren. Es wurde ohnehin Zeit für die Rückkehr, wenn ich es noch bei Tag ins Dorf schaffen wollte. Vor mir in der Höhle lag ein eigenartiger, etwas unangenehmer Geruch - sicher der Körpergeruch des Wesens.
Licht! Tiefer in der Höhle schien es eine hellere Stelle zu geben; scheinbar waren die Höhlen hier drinnen tatsächlich miteinander verbunden, und das Licht strahlte aus einem anderen Ausgang herein. Ignoriere es, dachte ich. Ignoriere es! Jeanette! Marie! Denke an Jeanette und Marie!
Doch da war dieses verdammte Licht! Und in dem fahlen Lichtschein schien sich irgendetwas zu bewegen. Oder täuschte ich mich, aus lauter Angst? Spielten mir meine Sinne nur böse Streiche? Noch einmal, dachte ich; noch einmal sehe ich hin, bevor ich zurückgehe. Ja, vor mir schien die Höhle noch weiter zu werden, sie glich fast einem kleinen Kellergewölbe, und ein fahler Lichtschein fiel auf die Mitte des Raumes. Dort kauerte eine schwarze Gestalt.


zurück zum Inhaltsverzeichnis